Kennt Ihr den Unterschied zwischen Agieren und Reagieren? Ich meine nicht die Definition, sondern wie es sich anfühlt?
Brett vorm Kopp?? Auf das Brett komme ich noch zu sprechen….
Unterschied meine ich zwischen: ich tue was, er-schaffe was oder ich werde dirigiert und schaffe was.
Als ich aus meinem Vagabunden-Leben kommend die Türklinke hier in Landau in die Hand nahm, war ich gespannt, wie es sich anfühlt, in die Wohnung zu gehen, die Atmo von Seßhaftigkeit. Mich selber beobachten, wie ich re-agiere, was es auslöst an Gedanken und Gefühlen. Kennt Ihr das: mal neugierig auf Euch selber sein?
Ich mach jetzt die Tür auf und BEOBACHTE, was ich fühle und denke. Ich BIN JA NICHT meine Gedanken und Gefühle…
Also: Tasche abstellen, Hund mach Sitz sagen, Schlüssel reinstecken, klemmt wieder, aufschließen und vor-sichtig die Tür aufschieben. Da lag sie vor mir, meine wirklich geliebte Altbauwohnung, roter Flur, die tanzende Figur, Glastisch mit Büchern, Fahrrad vor der Küche… . ich schaute in das Praxiszimmer und blieb stehen.
So viele Möbel, dachte ich, so voll, nichts bewegt sich. Ich bin nicht gleich reingestürmt und habe die Fenster aufgerissen. Achtsam und „beachte die Kleinigkeiten“, wie riecht es hier, wie fühlt es sich an sich in Räumen zu bewegen?
In der Küche stapelte sich die Post (Danke an Ellen).
Und dann habe ich es gemerkt: es ist ein anderes Feld, eines, das nach Antwort giert, was Re-Aktion will. Briefe, emails, Zeitungen… alles will Aufmerksamkeit, fordert Zu-Wendung.
Im Bus hatte ich eigentlich nur zwei Probleme morgens: nicht über den Wasserkanister fallen und unfallfrei Kaffee kochen.
HIer lag alles voll, was beachtet werden wollte. Hör mich, lies mich, bezahl mich, sortier mich…
Kennt Ihr das?
Dann habe ich gelüftet und mir einen Tee gemacht, um irgendwie anzukommen. ABER: Ich will den Vagabunden im Leben halten. Er/sie hat viel mehr Ideen, agiert statt zu reagieren. Nimmt die Welt und ihre sogenannten Kleinigkeiten langsamer wahr. Wie kann ich das miteinander verbinden?
Dadurch kam das Ich zu Euch statt Ihr zu mir. „Ärztin auf Rädern!“ hat Ellen gesagt. Sie hatte mich aufgeregt angerufen, war extra aus der Dusche rausgesprungen, um mir das zu sagen.
Heute war dann der erste Arbeitstag, Patienten kamen, emails wollten beantwortet werden, Post aufgemacht… wie immer??!!?
Nein, langsamer, bewusster. Ich habe gemerkt, wie es (ES! Was ist das? Es ist das Feld, was hier wirkt) versucht, mich wieder in seine alten Schleifen zu ziehen. Schnell noch eine whatsapp, noch ein Telegram, eine email, dann noch Termine vergeben, Akten angelegt, eingescannt…. tralalalala!!!! Will ich das in diesem Tempo wieder? Nein. Pause. Laaangsamer!
Das sage ich lautmalerisch immer wieder zu meinem Hund, damit er anhält: laaaaangsam.
Habe mir dann Chai geschnappt und bin in den Schillerpark, musste eh noch Proviant für die nächste Fahrt in den Bus tun. Ahrtal, habe ich überlegt, da fahr ich wieder hin. Die Menschen dort brauchen uns immer noch. Besonders unser Herz.
Also Schillerpark mit den Augen eines Vagabunden: alle Blumen, Vögel und Bäume und die schwarze Katze im Blütenmeer angeschaut und zugehört. Es schneit Blüten, sie liegen wie Schnee auf der Wiese und auf dem Dach des irischen Pubs.
Und auch Ver-rücktheiten wahrnehmen, dieses Schild in Landau, wo man nicht mehr weiß, wo darf ich jetzt hin und wenn nicht warum?
Und das Bild mit dem Matcha-Tee und der Wasserrohrzange?? „Beachte die Kleinigkeiten und schnaid dir net in de Finger!“ hat Ellen gesagt, als ich versuchte, die Teedose aufzumachen in aller Tee-Zen-Achtsamkeit und dann brauchte ich diese Mega-Zange für das kleine Döschen, um nicht nach dem Tee noch einen Chirurgen zu brauchen.
Die Mitdenker unter Euch sagen jetzt: du hast gesagt, dass du noch was zum Brett sagen wirst. Ja, kommt jetzt, hab Euch nicht vergessen.
Wisst Ihr noch, als ich erzählte wie ich im Odenwald von einem Dobermann-bewehrten Knewwerer beschimpft wurde, weil ich am Waldrand mit meinem weißen Bus rumparke und Kaffee koche?
Nein, ich meine jetzt nicht, dass DER ein Brett vorm Kopp hatte…
Ich meine: wie wäre es den Bus mit Wald und Holz zu folieren und „Pälzer unnerwägs“ druffzuschraiwe? Was mänsch dodezu??
Odda utepurontour……
