Es geht los: Fahrt zu Ursprüngen

29.3.2022

Start in den Tag mit Waldduschen in Gleisweiler. Überall blüht es. Altes neben Neuem: ein welkes Blatt zusammen mit einer Kirschblüte. 

Ich fahre nach Mölschbach zu einem der letzten Daubenhauer unserer Zeit: Christian Müller-Schick. Wir hatten letztes Jahr schon telefoniert und fasziniert festgestellt, dass er nicht nur den Beruf ausübt, von dem mein Nachname kommt. Er hat sogar noch bei meinem Vater studiert! 

Allein die Fahrt von Gleisweiler über Annweiler über die B48 durch das Wellbachtal ist ein Traum. 

Christian ist jemand, der seinen Beruf liebt: er zeigt und erklärt mit Begeisterung die Daubenhauerei. Und ich staune. Besonders auch darüber, was meine Vorfahren körperlich leisten mussten, was heute mit grossen Maschinen gemacht wird. Christian erklärt mir Spiegelschnitt, Vergrauung, Toastung und Markstrahlen und worauf es bei Eichen ankommt, um sie zu Dauben zu verarbeiten. Warum ausgerechnet die aus dem Pfälzer Wald so einzigartig sind und davon besonders die von Johanniskreuz. Dass die Franzosen ihre Hölzer nach Weichegrade einteilen, die nach Gebieten in Frankreich benannt sind. Und dass die auch bei ihm Dauben ordern, die exakt die Namen der Gebiete haben müssen, die sie anliefern. „Da sind die sehr genau“.

Er zeigt mir eine sehr alte Eiche, 250 Jahre alt, aus Bad Dürkheim, die er so gern bearbeitet hätte: aber sie ist verdreht gewachsen und hat an einigen Stellen schon die Holzwürmer drin. „Ich habe hohen Respekt vor dieser alten Eiche, aber ich kann sie leider nicht verwenden, die muss er wieder holen“. Ich berühre ehrfürchtig diesen Stamm und überlege, was er wohl schon alles erlebt hat und warum er verdreht gewachsen ist.

Bevor ich gehe, holt Christian noch eine Buchendaube und einen Weidenring. Er ist genau wie ich leicht entflammbar für alte Gewerke: Im Harz sei ein alter Mann, der Butterfässer gemacht habe aus Buchenholz nach alter Väter Sitte. Also nicht die zum Herstellen der Butter, sondern zum Transportieren. Die Geräte dafür hat der alte Mann noch. Christian bekommt leuchtende Augen beim Erzählen und ich denke zusammen mit ihm darüber nach, was man wohl in solchen Fässern lagern könnte. Und dass es doch dafür Interessenten geben müsse?

Nach einer Stunde fahre ich weiter, den Kopf voller Ideen und Ehrfurcht vor den Altvorderen.

Kurze Einkehr im örtlichen Dorfladen, der von Herrn Juner geführt wird. Dort bekomme ich seine Geschichte erzählt. Auch woher sein Name kommt: aus dem Jaunertal sind seine Vorfahren. Sie haben sogar ein Wappen mit einem Andreaskreuz drin und mit einem Ritterhelm. Ich bin ganz berührt, wenn Menschen mir ihre Geschichte erzählen und die ihrer Ahnen. Dann geht es oft um Flucht und Neuanfang, um Krisen und Kehrtwenden im Leben. Ich sitze mit einem Kaffee in der Sonne vor dem Dorfladen, blinzele auf das gegenüberliegende Spritzenhaus von Mölschbach und sinniere über Winkel und Kanten im Leben der Menschen. Auch in meinem….

Weiterfahrt. Ich komme in Krickenbach am Natursteinwerk Carl Picard vorbei, bzw am Parkplatz. Muss eh mit dem Hund nochmal Gassi… Also raus, an Forellenteichen vorbei, staune über Weidenkätzchen und über Waldarbeiten. Fotos von Baumpilzen an Birken und Steinskulturen und Weisheiten am Wegesrand. Wer wohnt hier und macht sich Gedanken über den Lebenssinn und über unsere Verantwortung für die Biodiversivität? 

Im Garten eines kreativ gebauten STeinhauses montiert ein älterer Mann ein buntes Schattensegel. Ich gleich: „Ute Dauenhauer, guten Tag! Bin unterwegs zu meinen Ursprüngen und denen von altem Handwerk“ Und im Gespräch: es stellt sich heraus es ist der Seniorchef des Steinwerks, auch eine bunte Lebensgeschichte mit bunten Sandstein. Wir unterhalten uns über die Sinnhaftigkeit, wenn Leute im Internet Brunnen in China bestellen und dann mit ihrem E-Auto denken, dass sie nachhaltig agieren würden. Wir sind uns einig: nur Regionaltiät und sich Wiederbesinnen auf alte Kunst und altes Handwerk im Verbund mit neuen Techniken kann die Lösung sein. Dann schickt er mich in den Steinbruch, diese einzigartige Mischung von gelbem und roten Sandstein anschauen. Ich laufe das langgezogene Tal entlang, begegne unterwegs einem Paar – über den Hund kommen wir ins Gespräch – sie hat durch die umstrittene Impfung jetzt einen Rheumaschub und weiss nicht weiter…. naja… Die beiden sind aus Dahn, wir haben gemeinsame Bekannte und demnächst werden wir uns in Landau treffen in der Salzhausgasse….

Was für ein Tag! Und jetzt stehe in Nohen an der Nahe (echt…) und bin sehr gespannt, was morgen in mein Leben fällt.

Ich kann Euch nur sagen: lasst los und das Leben kommt aus allen Fugen!!! Und redet mit den Menschen.