Vorurteile, Lonja und der Vollmond

Fast ist Vollmond, er scheint durch die Dachluke meines Busses. Ich rieche nach Rauch von Lagerfeuer, das ich mit Anita und Marion gemacht habe in Lonja. Den ganzen Vormittag bei Ramona und Bernd verbracht und Gespräche darüber geführt, wieviele Menschen eigentlich wissen, wer sie WIRK-lich sind, was sie WIRKlich beWIRKen können. Wer dieses Wissen hat, ist gefährlich für Mächtige und Kontrollfreaks und Narzissten. Ich lasse mich hier darüber nicht näher aus. Wer sich mit mir unterhalten will: Entweder gern auch bei Vollmond oder auf einer Hollywood-Schaukel bei einem Kaffee oder gern vor meinem zukünftigen tiny house oder vor meinem Bus im Weinberg oderoder…. aber nicht hier. Und wer weiss, was ich meine, gern auch…. Dann bringt noch andere mit und einen guten Wein oder so.

Die Fahrt von Daruvar nach Lonja war einfach nur zauberhaft, durch Frühlingswälder, die noch echte Wälder sind, dicht und gemischt und mystisch. Viele Kurvenstrassen, alte Dörfer, auch durch Lipik, da kommen die Lipizzaner her. Man sieht es dem Gestüt nicht mehr so richtiggehend an, dass es sehr berühmt ist. Ich bin reingefahren, habe auch weisse Pferde gesehen, aber ich bin nicht ausgestiegen. Vor einem kleinen Reitplatz saß ein alter Kroate und hat geraucht und meinen Bus nicht aus den Augen gelassen. Gut, dann störe ich Euch nicht..

Auf der ganzen Fahrt bin ich einfach nur glücklich, die Landschaft ist so schön und abwechselnd zwischen Wäldern, Senken, weiten Wiesen und in der Ferne ein Gebirge – ich schau noch nach wie es heisst. 

Ich komme auch durch ehemaliges Kriegsgebiet mit zerstörten Häusern und Einschusslöchern in manchen Häusern und vereinzelt Grabkreuzen oder Gedenkstätten mit Fahnen im Wald. Ich steige auch hier nicht aus…. 

Wieso lassen sich Menschen immer wieder weismachen, dass es Feinde gibt? Die, die sie spalten, sind die eigentlichen „Gegner“, noch nie waren es die, die aufeinander losgelassen wurden, die wurden immer nur benutzt, um Reiche zu bereichern, um Geldsysteme zu retten, um abzulenken von anderen Problemen undundund aber NIE haben die Gründe gestimmt, die erzählt wurden. NIE. 

Versteht bitte: WIR SIND ALLE EINS! In jedem Land dieser Erde – JEDEM! – leben Menschen, die feiern wollen, lachen, singen, gemeinsam essen und ihre Kinder großziehen. Keiner will dann seine Kinder in einen Krieg schicken. KEINER! Und die, die sie losgeschickt haben, sitzen daheim im Warmen und verhandeln über Frieden. Hätte man auch VORHER machen können. Es gibt keine Erbfeinde, keine bösen Völker oder Religionen. Lasst Euch nicht mehr anlügen. 

Wisst Ihr, was los wäre, wenn wir alle wüssten, wer wir sind und was wir können? Wenn Angst sich in Liebe verwandeln würde. Wenn wir unsere Aufgaben wahr-nehmen würden. Wenn wir aufhörten, zu verurteilen und überhaupt zu urteilen?

Mit diesen Gedanken bin ich durch diese Zauberwälder und – wiesen gefahren und dachte so: ich will mal nach Russland fahren, nach Polen…

Wir sind alle verwandt. Vergesst das nie.

Als ich hier ankam bei Marion, die gerade schimpfend in ihrem Keller stand, weil sie vor lauter Kisten nichts fand, und mir so ihr Haus und den Hof betrachtete, dachte ich: meine Güte, ob das je was wird? Das Haus sieht baufällig aus, im Keller ist die Decke mit Bodenstützen abgesichert, damit sie nicht einbricht, das Dach sieht nicht mehr dicht aus, es stapeln sich Kisten, Koffer und Kästen überall und Marion sucht Tassen..

Ich merke, wie ich innerlich runterfahre und ein leichtes Entsetzen sich breit machen will. 

Wisst Ihr, was ich gelernt habe, mal wieder: hör auf zu urteilen, einzuteilen oder zu bewerten. Lass Dich auf die Situation und noch mehr: auf die Menschen ein, auf das was gerade dran ist. 

Also kochte ich Kaffee in meinem Bus, weil Marion ihren Kaffeekocher auch nicht mehr fand. Und durch dieses Tun und sich dann mit ihr und den Handwerkern in die Sonne setzen, denen den Bus zeigen, Gespräche führen, wurde ich innerlich ruhiger und konnte ankommen.

Da es in dem Haus auch noch keinen Strom und auch kein Wasser hat, sind wir bei der Nachbarin essen gewesen. Sie hat auch eine wirklich schön renovierte Ferienpension. 

Es gab Fleisch, Bohnen und Krautsalat und Bier. Später setzte sie sich auch dazu zum Essen und rauchte eine. Alles so einfach. Einfach einfach. 

Noch ein Stimmungsbild: Sonnenuntergang bei gleichzeitigem Mondaufgang, Lagerfeuer, Froschgequake, in der Ferne Schakalgeheul, Rotwein, eine endlose Wiese mit Fledermäusen, Gelächter von einer Feier im Dorf…. 

Und was Skurilles, weil es ja nicht fehlen darf: der ganze Abend war begleitet von Brummen, Bohren oder Hämmern. Erst die Handwerker beim Bohren, dann ein Traktor der Gemeinde beim Mähen und dann die Feuerwehr beim Abpumpen von Gülle (!) auf dem Nachbargrundstück….

„Und ich hatte Dir gesagt, es sei so romantisch hier“, Marion ist bissle sauer.

„So wie mich bei einem Lagerfeuer immer der Rauch verfolgt, verfolgt uns heute hier die Geräuschkulisse, einer ist immer am Bohren oder Fräsen…“ lache ich. 

Und Chai? Hatte heute morgen bissle Stress mit einer Katze, auf die er eifersüchtig war, dann gedöst in der Sonne im Garten von Ramona, hier musste er noch allen mitteilen, dass ein Neuer auf dem Grundstück ist und deswegen wurden dringend die Latifundien abgeschritten und markiert und das hat in Summe so angestrengt, dass er jetzt vor dem Beifahrersitz wieder schnarcht. 

Ich werde mich jetzt ablegen und dem Mond noch bissle zuschauen und darüber nachdenken, was ein Tiny house mit mir zu tun hat…. eines aus Mondholz.