Angemalte Pferde, ein Kurs im Wundern und eine alte Mühle

Schwäbische Alb, bei Burladingen. Ich fahre zum praktischen Teil von „PK 1 und 2“ bei Cora Straubinger (http://www.pferdelohnbetrieb-straubinger.de), Pferdekunde. 

Freitag morgens Abfahrt in der Pfalz, nach dem Waldduschen und Kräutersammeln im Hainbachtal. Bus bereit mit Wasser und festen Klamotten, Büro immer on Board für online-Sprechstunden, Kühlschrank parat mit selbstgebackenem Kräuterbrot und Forellen aus dem Eußertal als kulinarische Grüße für Ausbilderin, Prüferin und Teilnehmer.

Erstmal finde ich den Stall nicht, da der Postbote dachte, ich suche die Wohnung von Cora, was mich mitten in die Beerdigung eines Feuerwehrkameraden brachte, mit allem was dazugehört. Nach einigem Irrlichtern durch die umliegenden Dörfer wurde ich dann von der „Chefin“ selber zum Stall eskortiert. Das ist mal Service! Los gehts! 

Tag eins beschäftigte uns mit richtigem Führen und Putzen, richtigem von der Koppelholen, Sicherheitsaspekte mit und am Pferd. Ich wieder in meinem Element: warmes Kaltblutpferdeschnauben in meinem Ohr! Hat mir gefehlt, angeknusbert zu werden und nach Pferd zu riechen. 

Abends waren wir in Trochtelfingen im Reiterstüble, und ich durfte dabei meine Schwäbisch-Kenntnisse aufmöbeln. Wie gut, dass meine Ohren seit über einem viertel Jahrhundert Praxis in Flein wenigstens Übung haben mit dem Heilbronner Dialekt und einigen Patienten mit Älblerschwäbisch…

Ich bin dann so, dass meine eigene Pälzer Mundart sich zu einem Sprachkaleidoskop mit Ortssprache vermengt. Mich interessiert Sprache einfach und was sie mit der Landschaft gemeinsam hat.

Meine Melange klingt dabei sicher lustig. Das hat dann heute bei der Walzmühle dazu geführt, dass ich einen Radfahrer nach einem Gespräch meinerseits durch die Busscheibe beim Wegfahren seine Frau fragen hörte in schönstem Hochdeutsch: „Hast du das jetzt sicher verstanden?“

Aber der Reihe nach.

Gestern durften wir Teilnehmer ein Pferd mit Fingerfarben anmalen, um auf der einen Seite die inneren Organe und auf der anderen Seite das Skelett darzustellen. Da wurde mir einiges klar. Durch Wundern erkennt man auch Zusammenhänge. Achso: sooo groß ist die Milz! Und du liebe Güte, wie groß ist der Darm und der Magen? Wo höre ich das Herz ab beim Pferd und wundere mich NICHT über den langsamen Pulsschlag? Wo die Lunge? Und später das Skelett in Bewegung sehen und die Anatomie dieser geduldigen Stute bestaunen im Trab. 

Die Inhalte dieser beiden Kurse sind immens und irgendwie fand ich es erstaunlich, dass mein Pferd bei mir überlebt hatte….. 😜

Nach dem praktischen Teil von PK 2 war noch Zeit, meinen Sohn in der Nähe von Zwiefalten zu treffen und mich erneut in den Frühling zu verlieben, der hier “hinnedroa isch”. Blühende Rapsfelder, Kastanienbäume, Flieder, die Wiesen der Alb voll im Grün. Abends auf dem Stellplatz mit Blick auf die Anna-Kapelle hörte ich einen Hirsch röhren, ein Hase hoppelte hinter dem Bus vorbei und die Grillen zirpten durchgehend. 

Heute war dann Prüfung für den allgemeinen Teil und den gewerblichen Teil. Alle aufgeregt. Ich bin zum aus dem Kopf kommen vorher noch am Brunnen gewesen „Zum Kornbühl“. Alle Kanister gefüllt, Alb zum Trinken.

Ab zur Prüfung. Erst Praxis, dann schriftlich. So viel habe ich schon lange nicht mehr geschrieben! Die Atmosphäre sehr entspannt, wir saßen in der Sonne auf Bierbänken vorm Stall, alle essen dabei, lachen, schreiben weiter… 

Und am Ende stolz wie Bolle die Urkunden in die Kamera halten und sich einfach freuen!

Danach bin ich auf der Suche nach dem berühmten Lautertal-Eis an der Walzmühle vorbeigekommen. Es gibt sogar einen Film beim SWR über die beiden alten Damen, die da gewohnt und auch gearbeitet haben, bis sie weit über 90 waren, ohne Strom und das Wasser kam ausschliesslich aus dem Bach der Mühle. 

Ich hatte sie über Pfarrer Kast kennengelernt und mir den Bildband über die beiden gekauft. Hat mich damals sehr bewegt: ihr tiefer Glaube, ihre Betriebsamkeit und Unerschütterlichkeit samt Freundlichkeit und Humor. 

Die Zukunft der Mühle ist ungewiss, da sie in den Klauen der deutschen Bürokratie gelandet ist und droht, dort zermahlen zu werden von und zwischen diversen Ämtern. Sowas ist mehr als schade: es macht mich fast wütend, wenn der Amtsschimmel nicht nur wiehert, sondern alles zertrampelt. Da sind mir Pferde zum Ausreiten oder Kutsche fahren doch lieber…

Wenn Gesetze über Menschen und über Kultur stehen. Wie oft machen wir diese Erfahrung: Menschlichkeit und Juristerei haben kaum Schnittmenge.

Umso wunderbarer, wenn man Menschen trifft mit Herz, so wie an diesem Wochenende. 

5 Kommentare
  1. Corinna Straubinger
    Corinna Straubinger sagte:

    Liebe Ute,

    Was für ein schöner Text von diesem langen, aber wunderschönen Wochenende.

    Schön, das du die Zeit, unsere Alb und jedes kleine Detail genießen konntest, trotz “Prüfungsdruck”.
    Schön das du da warst und ich freue mich schon jetzt, dich bald wieder zu sehen.

    Alles Liebe,
    Cora 🤗🍀

    Antworten
    • Ute Dauenhauer
      Ute Dauenhauer sagte:

      Liebe Corinna! war ein sehr genialer Kurs und mega gut organisiert, auch im Vorfeld schon! Freue mich schon auf den Bodenarbeitskurs im Juni. Und danke für die tollen Tipps wegen Wasser und Stellplatz! Es war auch Führung, dass wir uns abends noch getroffen haben: ich war im gleichen Moment wie Du auf den Parkplatz gefahren
      Liebe Grüße, auch an Christof. Schickt er mir noch den link, du weisst schon?
      Ute

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      • Corinna Straubinger
        Corinna Straubinger sagte:

        Hallo Ute,

        der Link kommt 😉
        Ja, es war mir wichtig zu wissen, ob du gut angekommen bist und versorgt bist – das musste so sein. Und es war ein schöner Abend mit dem Blick zum schönen Kornbühl🥰

        @Simone Herrmann wo wohnen Sie, dass es nur ein Steinwurf entfernt ist? Herrmann’s gibt’s doch viele in Genkingen 🙃

        Viele Liebe Grüße

        Cora 🍀🫶🏻

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  2. Simone Herrmann
    Simone Herrmann sagte:

    Hallo Ute,
    es ist total schön, dich auch von dieser Seite aus zu erleben. Toll dass du dich quasi einen Steinwurf entfernt von meiner alten Heimat bei Corinna so wohl gefühlt hast. Hört sich sehr lehrreich an. Übrigens ich hab das Buch von der Walzmühle auch, steht mittlerweile bei uns in Mellau im Regal. Lege manchmal einen Stop ein wenn ich auf die “Alb” fahre.
    Liebe Grüße
    Simone

    Antworten
    • Ute Dauenhauer
      Ute Dauenhauer sagte:

      Hallo Simone! ja, der Kurs war genial gut und ich habe viel gelernt. Ich habe das Buch von der Walzmühle leider nicht mehr, aber ich habe es weitergeschenkt, damit es mehr bekannt wird. Musst mal vorbeifahren….
      Liebe Grüße
      Ute

      Antworten

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