De Herbschd, de Gillet unn de Hund

Eigentlich war der erste Titel „Sturmesstille“. Unn do kännener Aich grad iwwerleche, warum. 

Mittletztwöchentlich hat es derart hier gestürmt, geregnet und geblättert, dass wir morgens über umgekrachte Birken drübersteigen mussten auf dem Weg zur Walddusche und diese war siebeneimerweise voll mit Laub, Kastanienigeln und Ästen. 

Aber ich habe den Sturm aus Wolken und Regen und Blättern ja alleinig gar nicht gemeint. Ich meine die Art Sturm, die in einem selber statt findet und aufräumt. Verwirbelt und neu setzt.

Sturm der Enttäuschung, der Entrüstung und Ent- ja was nochalles? Ja: Entfaltung….durch einen Sturm von weggefegten Ideen und falsch gewogenen Freundschaften. Und dann wird es ruhig, mitten im Sturm. Wenn ich mich hinsetze oder versonnen wandere und ankomme im „Land der Ruhe“, wie es in einem Lied heißt. 

Mein Kaleidoskop neu durchgeschüttelt in der Hand haltend. Neuanfang, hurra, wie so oft.

Geschichteneinschub: mit Alt-Chai einkaufen gehen beim Baumarkt Gillet in Landau, meine Mutter sucht Dübel und Schrauben und eine neue Leiste für das Gartenhaus. Außerdem nimmt sie Chai danach mit in die Hinnerpalz, weil ich mit meinem Sohn in die hundefreie Kletterhalle will.

Also: den weissbärtigen alten, humpelnden und fast tauben Mann in den Einkaufs-Wagen gesetzt, ist aber nicht bequem auf den Gitterstäben und er braucht eh ein neues Körbchen. Wir fahren in die Hundeabteilung, suchen eins aus und er kringelt sich rein, hinter ihm Hundefutterdosen und über ihm die alte Leiste und eine neu erstandene Klappkiste….Stileben Marke Gillet trifft Hund.

Ich saa Aich: wonner mol e luschdige Daach hawwe wolle: nämmen Aiern Hund, setzenen in de Inkaafswache unn fahrnmol zwää Stunn durch de Baumarkt!!! Ihr macht die Lait glicklich und lernt a Naie kenne!

Szene: Chai versonnen mit Schlappohr über dem Korb, eingebaut in Dosen und Leisten, davor meine Mutter, die mit einem Engelbert-Strauss-bewehrten Mann über Dübel und Schrauben diskutiert. Nein, er arbeite nicht hier, er habe nur eine Arbeitshose an! Und evtl seien die richtigen Dübel in Gang 23, aber achten Sie auf die Länge der Schrauben! Allerhopp! Chai wirkt in dem Gitterwagen vor Schraubenregalen wie ein Plüschtier zwischen Metall und Technik. 

Nach diesem wunder-samen Ausflug in die baumarktbunte Hausundgartenwelt wird Chai in das Auto meiner Mutter geklettert (ja: er kann es nicht mehr allein, der Humpelkumpel) und von dannen in die Westpfalz chauffiert.

Die Kletterhalle Frankenthal hinterlässt mich reicher an:

  • Muskelkater in Rücken und Unterarmen. Toll, das wieder zu merken
  • einer unerwarteten und heilsamen Begegnung. „Na, Mama, altes Kriegstrauma?“ sagt Johannes und lacht. Ich lache laut mit.
  • Erstaunen, wie gut mein Sohn vorsteigt und sichert

Das ist jetzt alles schon paar Tage zurück und spult sich grad durch mein Gehirn. Heute morgen war ich allein an der Walddusche, am Tagesrand, im Nochherbstbunt. Der Sturmbruch von letzter Woche ist ins Gebüsch geräumt worden. Der Wald immer mehr entlaubt.

Der Sturm in mir ist der Gewissheit gewichen, dass alles seinen Sinn und seine Zeit hat. Der Sturm, die Ruhe. Das Gemeinsame, das Alleinsein. Das Lachen, das Weinen.

Ich raschele kaltwassergeduscht und aufgewärmt durch die Blätter zurück zum Bus und bin dankbar für mein Kaleidoskop und meine Neugier. Was für ein Geschenk! Halleluja!

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