Die gleiche Richtung – nie dieselbe

Was für ein Museumstag! 1. Oktober 2023. Besser kann Herbst gar nicht sein. Wanderung mit Heiko um das Rote Moor in der Rhön.

Angefangen hatte die Fahrt mit einem Vortrag am Freitag Abend in Heilbronn über „Wie komme ich wieder in meine Kraft und warum?“ um nicht zu sagen: Mitochondrialmedizin und was genau kann man machen, um seine Kraftwerke wieder „ans Fliegen“ zu kriegen…? Ich war wieder gern im Unterland, meiner fast Vierteljahrhundert-Wirkstätte als Ärztin. Habe mich am nächsten Tag auf der Fahrt zu einem Gesprächsaustausch über Vitalstoffe und Autarkes Leben gewundert, wie diese Stadt sich geändert hat. Das Treffen war auf dem ehemaligen BUGA-Gelände und ich war seltsam berührt, wie dieses vormalig fantasievoll angelegte Gelände zum beinahe reinen Baugebiet verkommen ist. Überall Lärm, quadratischpraktischgute Häuser ohne Feingefühl für einzelne Menschen. Was für ein Menschenbild steckt wohl hinter solchen Gebäuden?

Nach dem Termin bin ich dann losgefahren, über Land, gen Rhön. Nach anfänglicher Autobahnfahrt am Weinsberger Kreuz (wie komm ich auf die Idee??? Ich kenn mich dort so gut aus und fahr dann ausgerechnet in den einzigen Stau…) habe ich bei Möckmühl dann die Flucht ins Land angetreten und mich mitten im Herzen von Deutschland gefunden. Unsere Heimat findet auf dem Land statt. Ich liebe es, durch Dörfer und kleine Weiler zu gondeln, ab und zu anzuhalten und Regionales einzukaufen oder einfach Fotos zu machen und Menschen zu treffen oder zu beobachten.

Zum Beispiel in Hirschlanden, da war beim Friedhof ein Womo-Parkplatz ausgeschildert, ich raus und mit dem Hund in die Felder. In und aus dem Dörfchen sind immer wieder große Trecker gefahren mit Mega-Hängern, sie waren mitten in der Mais-Ernte. Auf der anderen Straßenseite sägte ein Mann Holz und es kamen zwei Kinder mit Stofftaschen rübergelaufen, um Bucheckern zu sammeln. Die Welt in Ordnung, so scheint es. Ich stiefelte in eine Traktorfahrstrasse auf einer Bienenwiese und dort entstanden die Bilder mit der Sonnenblume und dem Klee. Zunächst hatte ich diese gelben strahlenden Blumen von vorne, quasi in ihr Gesicht, fotografiert. Dann kam der Gedanke: Schau doch mal in IHRE Richtung, also in die gleiche Richtung wie sie schauen und dann entstanden ganz andere Bilder. Und mir ging es den ganzen Tag noch nach: Wir sollten öfter in die gleiche Richtung schauen wie unsere Mitgeschöpfe, Mitmenschen, unsere Tiere oder eben auch mal wie eine Blume. 

Auch heute hat mich dieser Gedanke immer wieder begleitet auf der 25km-Wanderung. 

Gemeinsam ausruhen und in die gleiche Richtung schauen, ob auf einer Bank oder im Gras liegend.

Sich auf die Höhe von Lupinen im Gegenlicht begeben und in die untergehende Sonne blinzeln.

Über das Strubbelfell von Chai drüberfotografieren – auf dem Bauch liegend – hinüber zur Wasserkuppe, so dass es aussieht wie zwei Gebirge, eins aus Fell und ein landschaftshügeliges.

Wie oft hören wir uns eigentlich gegenseitig zu? Wie oft warten wir auf eine Redepause des anderen, um uns selber zu platzieren? Woran liegt das, dass wir nicht warten können? Sind wir in der Lage, wenigstens die Position des anderen mal einzunehmen, auch wenn wir dann nicht ganz seinen Standpunkt verstehen und ihn auch nicht beziehen müssen…?

Wir sehnen uns alle nach Wertschätzung. Das geht aber nur über den-anderen-Wahrnehmen und auch wahr nehmen. 

Ich will Euch was sagen: Menschen können Menschen nie ganz verstehen und Menschen werden Menschen auch immer wieder ent-täuschen. Nur Gott bzw Jesus verstehen die Menschen ganz, so wie wir es uns wünschen, wie wir es ersehnen mit unserem Herzen. 

Was wir aber immer wieder versuchen sollten: gemeinsam in die gleiche Richtung zu schauen, gemeinsam auf einer Bank oder auf einem Hain zu sitzen und uns Zeit zu nehmen, zuzuhören, reinzuspüren… warten können. 

Dann sind sogar Umarmungen möglich, wo man sie nicht erwartet hätte. 

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