Chai humpelt durch Göllheim, seine linke Hüfte hat er sich verdreht, der alte Mann, als er einer Katze nachjagte. Ich besuche meine Tochter und bin gerade von Hofheim kommend in die Nordpfalz gefahren und jedes Mal werde ich mit meinen Gefühlen konfrontiert, wenn ich überall am Horizont Windräder sehe, die angeblich nur 0,5% der Bodenfläche in Deutschland einnehmen. Was wurde da gerechnet? Nur der Sockel? In mir steigt ein Horrorgefühl auf, wenn ich mir vorstelle, dass sich das verzehnfacht.
Wenn man hier wohnt, Richtung Mainz, KIB, Alzey…: der ganze Horizont ist keine Landschaft mehr, es ist ein Rädermeer, was entweder surrt oder ganz still steht. Jetzt soll da noch 10mal mehr hin??
Wir brauchen aber mehr Energie, heißt es! Wofür?
Für die Digitalisierung. Wofür dient sie?
Für die Vernetzung, das Internet der Dinge, für autonomes Fahren. Wofür? Dient es den Menschen?
Für Schnelligkeit, für Kontrolle, für Bürokratiedigitalisierung. Und wofür ist das?
Das Leben wird einfacher. Echt jetzt? Das Leben wird einfacher, wenn es schneller und digital wird? Wo ist das Leben dann eigentlich hin, wenn alles zusteht mit Rädern und Solarpanelen.
Am Morgen vor meiner Fahrt war ich mit Chai im Pfälzer Wald und habe Buchenblätter gesammelt und Holunderblüten und Rapsblüten und Brombeerblätter und Giersch und habe dann Sirup hergestellt und Tee gemacht.
Glaubt mir: jedes Mal, wenn ich den Wasserkocher einschalte, denke ich an ENERGIE. Ginge es auch ohne Strom oder mit einem tragbaren Solarpanel? Ja. Habe ich auch eins.
Chai sitzt unter Bäumen im Moos und blinzelt ins Blätterdach und hat keine Sorgen, ausser, dass ich ihn hier vergessen könnte oder dass wir zu schnell wieder heim gehen. Und in meinem Kopf surrt es: Was wenn hier auch alles voll steht demnächst? Der Wald weg. Die Höhen voll, überall Baulaster. Ich krieg dann Fluchtgedanken. Will ich in so einem Land leben, was Natur zerstören will für Energiegewinnung…. ? Naturschutz ade.
Ich sitze dann traurig im Moos und überlege: bis vor 100 Jahren kamen wir ohne Strom zurecht, jetzt ist alles so kompliziert geworden. Wir sind uns fremder geworden. Die Natur ist uns fremder geworden.
99,99 % der Lebewesen kommen zurecht ohne Internet und ohne Strom. Und JA, ich weiß, ohne das könnte ich diesen Blog nicht schreiben. Was wäre dann? Säße ich am Lagerfeuer und würde Geschichten erzählen? Ich will nichts falsch romantisieren. Wir sollten aber immer wieder fragen wie Kinder mit ihren Warum-Fragen: WOFÜR ist das und wem DIENT es?
Geht raus, macht mal langsam, nehmt wahr: Euch, Eure Mitmenschen, die Natur um Euch herum, bevor es zu spät ist.Und bedenkt: Natur quillt immer wieder durch die Ritzen, sogar bei Solarpanelen.
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