„Warum ist überhaupt etwas und nicht vielmehr nichts?“ Gottfried Wilhelm Leibniz 1714 in „Vernuftprinzipien der Natur und der Gnade“
Morgens um 6 Uhr sich eine solche Frage stellen, im Frühling, am nachregenschauerverhangenen Waldsee, eine Drossel singt Dialekt, Herr Specht klopft im Takt, Chai schnuppert sich durchs Grün, Grillen zirpen im hohen Gras und ich? Sinniere darüber, warum Gott sich die Mühe überhaupt gemacht hat!? Ich habe das Buch von Leibniz nicht gelesen, zugegeben. Aber diese Frage beschäftigt mich immer mal wieder neu.
Ich könnte einfach das Mehrsinnenspektakel des Frühlings wahrnehmen und genießen, oder? Als gegeben und zum Freuen hinnehmen, und nicht rumhirnen, warum Gott das alles überhaupt angefangen hat.
ER ist allwissend und allmächtig, ER ist Liebe, Geduld, Sanftmut, Langmut und einfach alles und nicht zu toppen, mehr geht nicht. Dann fängt er sich das mit uns Menschen an, das ganze Theater, Ihr wisst schon, mit Versuchung, Verführung, Spaltung und Zerstörung. Wusste ER das vorher nicht? Hätte ER es anders machen können? Einfach andere Naturgesetze, andere Geschöpfe, oder alles so unvorstellbar anders, dass wir es nicht denken können oder halt: NICHTS? Wäre ER dann einsam gewesen? Hat Leibniz diese Frage eigentlich so gemeint? Ich habe sie so verstanden und doch: ich freue mich über den Frühling, das Gezwitscher, das Taugefunkel, dieses unfassbar hellscheinende Grün und das trotzige jedes Jahr wieder von vorne Loswachsen. Das Sichnichtunterkriegenlassen, das Ausdenmorschenbäumenwachsen, das beharrliche Neuanfangen und Sprießen. Vielleicht sprießt es deswegen auch in meinem Hirn.
Der See liegt glatt da, alles spiegelt sich in ihm. Nach dem Regen tropft es aus den Bäumen in den Woog und zieht neue Kreise.
Ich werde auch gleich Kreise ziehen, wenn ich hineinsteige zum Schwimmen. Chai bewacht die Kleider, die Drossel kommentiert es an allen Enden des Weihers.
Mein Staunen hört nicht auf. Würde es auch konzentrische Kreise geben, wenn die Naturgesetze andere wären?
Warum nur denke ich soviel?
Grün – Hoffnung wohl, weil die Natur (wir auch!) nie aufgibt und immer neu losgrünt
Grün – Duft der Lindenblüten, der Knoblauchrauke und des Bärlauchs
Grün – Wachstum aus Fugen, aus Abgestorbenem, aus vom Blitz getroffenen Bäumen
Grün – Alles, bitte nur keine Politik.
Grün – zurück zur alten Farbsymbolik: Frühlingsgrün ist besonders lichtdurchflutet, unbeschreiblich erholsam für Auge und Sinne und Herz.
Wäre nicht nur schade, hätte Gott es nicht erschaffen. Ich hätte auch nichts zu staunen.
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