Innenansichten einer humpelnden Ärztin im Wald

Gestern Schneeflocken so dick und getrieben, manche schweben leise zu Boden, manche verwehen mit dem stürmischen Wind fast waagrecht durchs Tal bei Frankweiler. 

Heute Nieselregen, ganz fein und zart, ich merk es kaum auf der Haut. 

Gestern die Walddusche eisig, wenig Wasser, ein fragend rumhüpfendes Rotkehlchen auf der Mauer, viele Blätter auf dem Duschmauerboden. 

Heute erst ein Rinnsal von Wasser am Rinnenausgang, viele Blätter am Filtergitter oberhalb des Sandsteinablaufs und nach Reinigung ein tosender Wasserfall in der Dusche.

Gestern noch lag ich mit Schmerzen im linken Bein auf meinem Sofa, keine Haltung der Hüfte hatte gelindert, selbst Stufenlagerung nicht. Ein einziger ausstrahlender Dauerschmerz. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie ich Autofahren oder gar wandern sollte. 

Vor drei Tagen hatte ich mir das Bein verdreht im Hüftbereich beim Hinter-dem-Hund-herspringen. 

Was macht eine Ärztin dann damit? Naja, man hat so seine Geheimnisse, denkt ihr jetzt, oder? Andere werden denken: dann geh halt zum Orthopäden. Andere: nimm ein Schmerzmittel und zack-weg. 

Und um es gleich vorweg zu nehmen: es ist noch nicht verschwunden. Aber ich war heute im Wald. Ich habe entschieden, ich lass mich nicht unterkriegen, ich bete, dass ich erkennen möge, was es zu bedeuten hat, woran es mich hindern will, entweder im Guten oder Blockieren-von-Gutem…

Dann Händeweise Vitalstoffe genommen zum Abschwellen und Beruhigen des Nerves, für die Nacht als Kompromiss – seit Ewigkeiten – ein Mini-Schmerzmittel, damit ich schlafen kann, kannenweise Tee und Wärme und Indergegenwart-Gottes sein beim Einschlafen. 

Leute: das ist kein Rezept für jeden! Manchmal muss man zum Facharzt. Man sollte nur wissen: dann wird geröntgt oder so, man sieht irgendwas, was evtl mit dem Problem gar nichts zu tun hat, hat es dann als Bild im Kopf und die Verantwortung liegt dann bei wem?? Klar, beim Arzt…. Oder?

Nö, die liegt immer (!!) bei mir. Immer. Also heute morgen aufgestanden, gebetet, Kaffee getrunken, ab – im Schneckentempo – in die Engelbert-Strauss-Hose, Regenjacke und outdoor-Hut und zum Auto gehumpelt. Kupplung treten geht? Fein, dann kann es losgehen.

Der verregnete Wald, das BachWasser, das Wandergeräusch, die frühlingskündenden Vögel, der Schnee, die Ruhe, das Rauschen, mein kleiner unverdrossener Hund, Dank-Gebete beim Gehen…. 

Und ich sehe die Welt anders: 

ein Mistelzweig mitten im Herbstlaub: Gesundheit auf dem Weg.

Pilze an einem alten Baumstamm: in Gemeinschaft sind wir stark. 

Tosender Waldbach: heftige Reinigung und endloser Reichtum Gottes.

Taue an Pfosten, teilweise gelöst: woran machst du dich fest und welche Taue kannst lösen?

Uhr an einem Steinhaus: wie spät ist es in Deinem Leben? 

Was ist Deine Berufung? Welche Gaben lebst du noch gar nicht?

Schneeflecken auf einer Bank: noch kann man nicht sitzen, aber bald.

Was macht mein Gehumpel jetzt mit mir? 

Es macht mich langsamer, nachdenklicher und solidarisiert mich mit allen, die auch gerade Schmerzen haben. Wie z.B. einem Freund von mir aus Burrweiler, der auch derzeit humpelt. 

Es macht mich dankbarer, wenn es allmählich wieder besser geht. 

Schaut: lasst Euch nicht unterkriegen, nehmt die Wunder wahr und übernehmt immer Verantwortung für Euer Tun und Sein.

Ab und zu kann und muss man ja auch mal Profis fragen, was sie so machen würden. Davon halte ich Euch nicht ab. 

Wir sind alle Menschen, die lieben, leben und leiden. 

Versucht das in jedem, der Euch begegnet zu sehen. Und ermuntert die, denen es gerade nicht so gut geht. 

Und schaut die Natur als Spiegel dessen an, was gerade in Euch vorgeht.

Fröhliches Wasser-Wald-Wandern!