Skurriles und andere Randständige

Wie schreib ich das bloss? Wo ist die Schnittstelle von Skurrilem und denen, die am Rand stehen? Wo ist Alltag und wo Ver-Rücktes? 

Haben denn allein liegende Steine, trotzig sich aus dem Laub kämpfende kleine “Bäumchen” oder Herbstnebel was gemeinsam? 

Und was soll man denken beim Anblick eines Dieselaggretaufladenden Akku-Schraubers vorm Rathaus, neben einer Firma mit dem Logo „Netzbau ist unsere Stärke“? Das Rathaus hat keine Steckdose? Oder was genau macht dieser Netz-Bau?

Da kommst ja aus dem Denken nicht mehr raus. …eher aus dem Lachen?

Oder den anderen Tag, wo ich im Baumarkt hier war auf der Suche nach – lacht nicht – leicht auflösbaren WC-Papier für meinen Bus – jetzt habt Ihr doch gelacht! Und dabei bin ich durch alle Regale geirrlichtert: Sanitär: nix. Putz-und Haushalt: nix… dann: Erhellung: Camping und Grill…

Ging schon los, dass mitten in der Tierabteilung Weihnachtsdekoration aufgestapelt war, Kugeln, Holzspielzeug und andere wichtige Sachen aus China. Unter „Pferdebedarf“ standen Kerzen. 

Denken macht keinen Sinn.

Ich wackelte mit Chai in die Grillabteilung. Am Eingang war ein Mann und erklärte seiner Frau, wie man einen Gaskocher bei Blackout bedient. Weinen oder lachen? 

Ute, such einfach weiter. Ohren sind manchmal gut für Durchzug. Die ganze Halle voll bis unters Dach mit: noch nicht ausgepackter Weihnachtsdeko! Über mehrere Kartons bin ich drüber gekrabbelt, bis ich mein total wichtiges WC-Tool gefunden hatte. Seine eigene Skurrilität merkt man oft nicht selber….. lach

Leider hab ich davon kein Bild gemacht. Das hätte ausgesehen…

In der Stadt könnte ich dauernd fotografieren, das hol ich noch nach, ich schwörs…. Segeltörnschwemmholz vor Ulla-Kleidern nur ein Beispiel

Wisst ihr was: Menschen sind liebenswert, WEIL sie skurill sind. Und noch mehr, wenn sie es nicht merken. 

Selbst die Natur mutet oft skurill an, gerade wenn sie mit Menschengemachtem kollidiert:

Tausende Stare, die im Pulk, im Schwarm auf Oberlandleitungen landen und bald darauf alle gleichzeitig wieder auffliegen und die Leitungen in Resonanzschwingungen versetzen. Dann im Mega-Schwarm die tollsten Figuren fliegen, um sich wieder auf den Leitungen über den Weinbergen synchron niederzulassen. 

Was soll Technik da machen? Schwingen.

Ein Kastanienigelchen landet genau auf einem Tau an einem Garten und sein Stielchen steht in die Luft wie ein Schwänzlein. 

Ich stehe dann lange da, schaue, versinke und schmunzele.

Bin ja selber skurill, nicht nur in der Natur. Lustig im survival-Look angezogen oder auf dem Boden liegend beim Fotografieren …

Vielleicht betonen Gegensätze und Randständiges gerade das sogenannte Normale bzw ziehen es in den Fokus, manchmal auch in den Zweifel und wenn uns das auffällt, reflektieren wir neu, was es uns zu sagen hat. 

Das Kastanienigelchen sagte mir z.B. : Tanz auf dem Seil! Ich bin klein und schaukele auf dem dicken Seil

Das kleine Bäumchen-Sträuchlein sagte: immer neu anfangen, egal wie dick das Laub ist! 

Der einsame Stein auf der breiten Strasse: Stein des Anstoßes, Ruhepunkt im breiten Fluss, bis hierher bin ich gerollt und dann zur Ruhe gekommen…

Die Kleinigkeiten… sind mir wichtiger geworden als die sog. Großen Dinge. Sie sagen mehr und sind stiller. Präsenter.

Und von Außenseitern habe ich viel gelernt, war und bin es immer wieder selber eine. 

Fand ich am interessantesten, ausserhalb vom Strom nachzuschauen, am Rand vom Fluss, bei den Unperfekten, den Kleinen, Stillen und sichselbernichtsowichtig-Nehmenden, die aber wahre Größe haben. 

Und dann heute morgen dieser Nebel, diese Dämmerung und eine einzelne zwitschernde Amsel. 

Hört. Schaut. Bleibt stehen. Lauscht und staunt. 

Lasst Euch von den Kleinen verzaubern und wisst: wir sind alle skurril. 

4 Kommentare
  1. Kuni
    Kuni sagte:

    Hallo Ute, dein Bericht ist ganz toll, gefällt mir. Man sollte eigentlich immer mit offenen Augen durch die Welt gehen, um die kleinen Dinge zu sehen. Unsere Natur ist voll von kleinen Wundern, man muss sie nur sehen. Wenn ich so deine Berichte lese, bekomme ich Lust alle die Dinge zu erkunden.

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