Stare – wenige star(t)en den kollektiven Aufflug

Heute morgen hatte ich sie schon bewundert, auf der Rückfahrt von Frankweiler nach Landau. Sie saßen schnatternd und kollektivzwitschernd in den Nußbäumen und in den Rebenzeilen und verdunkelten den Himmel im plötzlichen Schwarmflug. Sie fliegen wundersamer Weise synchron, wie abgesprochen, setzen sich alle gleichzeitig auf die Drähte der Weinberge oder in die Bäume neben der Straße, um dann wieder aufzufliegen.

Ich hab mir dann vorgenommen: nach der Sprechstunde fahre ich wieder raus und geh sie suchen zwischen Nußdorf, Frankweiler, Burrweiler und Siebeldingen, wo die Weinberge ihr Fluggelände sind in diesen Tagen. Und die Oberlandleitungen die Landeplätze. Was passiert, wenn sie alle gleichzeitig diese Litzen zum Schwingen bringen durch taktgleichen Abflug? Gibt es da auch sowas wie eine Katastrophenresonanz?

Nachmittags auf der intuitiven Suche nach ihnen, fand ich zig-tausende in der Senke im Weiler-Dreieck Leinsweiler- Albersweiler – Frankweiler. 

Ich stehe auf der Innenseite meiner Fahrertür mit einem Fuß, mit dem anderen auf dem Armaturenbrett und stütze mich auf dem Dach ab, um dieses Schauspiel besser zu bestaunen und es zu fotografieren und auch aufzunehmen. Letzteres ist nicht so leicht, da in der Westpfalz wieder Krieg gespielt wird durch ohrenbetäubenden Ramsteinübungsfluglärm über den Wolken. 

Ich sehe, die Stare sitzen zu tausenden auf der Fahrbahn Richtung Tal, in einer Kurve, links und rechts neben der Straße hüpfen auch unzählige im Gras umher. Es kommen immer wieder Autos, Busse, Motorräder und Radfahrer an und es zeigt sich ein Spektakel. 

Von Frankweiler rast ein Porsche heran, auf meiner Höhe röhrt er nochmal besonders auffallend und ich denke noch „pass du lieber auf, was Vögel auslösen können“ und schon höre ich seine Bremsen, dann hupt er in der Hoffnung, die Vögel zu beeindrucken, um gleich darauf voll zu bremsen, weil sie ihm sonst an alle Scheiben klatschen. 

Von Leinsweiler aus höre ich die Autos schon von weitem hupen. 

Ein Motorradfahrer fährt einfach durch den Schwarm und die Vögel steiben auf und wirbeln um ihn herum.

Von Frankweiler kommt ein Franzose gefahren, ich mache mit der Hand ein Zeichen, langsamer zu machen, er bremst sogleich sanft ab und bleibt vor der hopsenden Vogelschar auf der Strasse einfach stehen und macht Fotos. Er respektiert und bestaunt das Schauspiel, während von der Gegenseite mehrere Deutsche sich in ihrer Fahrt gestört fühlen und mit Lichthupe und sonstiger Hupe sich einen Durchlass erzwingen wollen.

Und ich stehe auf meiner Tür und denke: wenn viele Vögel sich einig sind und das Gleiche tun, kann ein noch so starker 6-Zylinder nicht weiterfahren und muss sich fügen…. Allegorisch.

Sie setzen sich alsdann direkt neben meinem Bus in die bunten Wingert-Zeilen und schnattern weiter, auf die Leitungen, in die Bäume und: es genügen ganz wenige, eine KRITISCHE MASSE, dann fliegen alle gleichzeitig auf und es entsteht ein wunderschöner Schwarm, der wie EIN Lebewesen agiert und dem sich so schnell nichts in den Weg stellt.

Wenn nur einige wenige den Anfang machen, greift die Schwarm-Intelligenz der Vielen und dagegen kann auch eine sich für übermächtig haltende Technik nichts ausrichten. Sie muss ihre Bahn anerkennen und sie ziehen lassen. Ihren Flug kann man dann nicht aufhalten.

Die Stare. Fliegen jetzt in den Süden. Kommt gut an und gut wieder zurück. 

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